Kripo: Kaufhausräuber nach fünf Jahren gefaßt

Ein Fernsehspiel brachte "Mondgesicht" zur Strecke

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Von Horst Zimmermann Köln/Berlin/München, 22. Aprll Von "Mondgesicht" sprach die deutsche Kripo nur hochachtungsvoll. Nachdem der Gangster 1973 und 1975 zwei Kaufhäuser in München und Köln um insgesamt 1,4 Millionen Mark erleichtert und sieb anschließend spurlos "in Luft" aufgelöst zu haben schien, galt er als ?perfekter Kaufhaus- Räuber". Im vergangenen Jahr sendete das ZDF sogar ein Fernsehspiel über "Mondgesicht". Das erfundene Spiel wurde jetzt dem "Mondgesicht" zum Verhängnis. Die Kölner Staatsanwältin Maria Moesch: "Ich werde in Kürze Anklage gegen den Herrn erheben." Der dringende Tatverdacht richtet sich gegen Xaver Meyer, einen 41jährigen gelernten Maurer ans einem kleinen Ort in Rheinland-Pfalz, zuletzt wohnhaft in Berlin ? in einer Luxusvilla mit Swimmng-pool und Sauna.

"Kriminalhauptkommissar Gross" stellte sich der Mann, den später alle "Mondgesicht" nannten, am 9. Juni 1975 im Kölner Kaufhaus Hertie vor. Dem Geschäftsführer erklärte er, er müsse die Hauptkasse auf Falschgeld kontrollieren. Im Kassenraum zog er dann die Pistole und packte 993 686 Mark in einen Plastikkoffer, den er zuvor für 78 Mark in der Kofferabteilung gekauft hatte. Bevor er verschwand, stellte er drei Metallzylinder auf: "Das sind Lichtstrahlbomben. Wenn Sie den Raum verlassen oder die Polizei alarmieren, fliegt das ganze Kaufhaus in die Luft". Spätere Kripo-Analyse des Inhalts: Portland-Zement. Die Spur von "Mondgesicht" verlor sich am Düsseldorfer Flughafen Lohausen, wohin sich der Mann per Taxi hatte chauffieren lassen.

Die Tatmethode war nicht ganz neu. Am 9. November 1973 hatte ein "Inspektor vom E-Werk" bei "C & A" in München vorgesprochen, um Stromsparmaßnahmen zu erörtern. Ein angesichts der damaligen Energiekrise durchaus plausibles Thema. Der Mann raubte 400 770 Mark. Zeugen beschrieben ihn ebenfalls als "Mondgesicht". Der Kölner Raub-Kommissar Christian Rolshoven: "Einiges spricht dafür, daß da derselbe Mann am Werk war." Allein in Köln wertete die Kripo mehr als 800 Hinweise aus ? ohne Erfolg.

Zur Strecke brachte "Mondgesicht" jetzt der berühmte "Kommissar Zufall". Bei einer Routinekontrolle stieß die Berliner Polizei am 21. Dezember 1976 auf einen gewissen Xaver Vinciguerra, der seit dem 15. August 1967 gesucht wurde. Damals war der Mann aus dem Wuppertaler Gefängnis ausgebrochen, wo er dreieinhalb Jahre wegen Kaufhauseinbruchs verbüßen sollte. Seither war er untergetaucht. Die Berliner Kripo stellte fest, daß Vinciguerra inzwischen ganz legal seinen Namen geändert hatte. Er hatte sich von seiner Frau scheiden lassen, sie aber wenig später erneut geheiratet und dabei den Mädchennamen seiner Frau angenommen. So wurde aus Vinciguerra der Herr Meyer.

Meyer hielt sich in Berlin in einer Luxusvilla mit Swimming-pool und Sauna (Wert rund 700 000 Mark) auf, die seiner Frau gehörte. Auch die Steuerfahndung konnte nicht klären, woher das viele Geld stammte.

Die Ermittlungen zogen sich hin. Da kündigte das ZDF für den 28. Juli vorigen Jahres die Ausstrahlung eines Fernsehspiels über "Mondgesicht" an. Viele Zeitungen brachten aus diesem Anlaß erneut Berichte über den cleveren Kaufhaus-Räuber. Als er das Phantombild von "Mondgesicht" sah, fiel bei einem Berliner Steuerfahnder der Groschen. Sein Tip: "Das könnte der Mann sein." Kurz nachdem Kölner Beamte ihn in dieser Sache in Berlin vermommen hatten, unternahm Meyer einen Ausbruchversuch. In kürzester Zeit hungerte er sich 30 Pfund ab. Staatsanwältin Moesch: "Wir haben es jetzt mit einem Neumond zu tun."

Dennoch wollen zehn von 15 Tatzeuger bei einer Gegenüberstellung den Mann wiedererkannt haben. "Sie pickten ihn aus einer Reihe von Männern gleicher Statur heraus." Zu denen, die nicht sicher waren, gehören auch der Geschäftsführer und der Kassierer des Kaufhauses Hertie in Köln. In München, wo die Tat inzwischen schon fast fünf Jahre zurückliegt, brachte die Gegenüberstellung mit Zeugen bisher kein Ergebnis.

Die Anklage wird sich nicht allein auf die Zeugen stützen. Wichtiges Indiz ist auch die Tatsache, daß Meyer einen Monat nach der Kölner Tat 920 000 Mark bei einer Bank einzahlte. Bei den Vernehmungen gibt sich der Mann "still wie der Mond". Den Beamten reichte er nur stumm'eirieh' Zettel über den Tisch: "Ich mache keine Aussagen, Bitte, stellen Sie mir keine weiteren fragen..." ' '\ <'*''-: ??"? '?

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