Norderstedt. Mitreißendes Konzert des Symphonischen Blasorchesters in der TriBühne. Doch nun kann das Veranstaltungshaus nicht mehr genutzt werden.

Neue Idee. Neues Konzert-Format. Gelungene Premiere! Was das Symphonische Blasorchester Norderstedt (SBN) mit dem ersten Familienkonzert seines 50-jährigen Bestehens in der TriBühne bot, war ganz großes Kino. Die 70 Musikerinnen und Musiker spielten einen Filmmusik-Hit nach dem nächsten, mit voll sattem Blech, voller Schlagwerk-Besetzung und als wohltuendes Pendant zarte Holzbläser-Töne.

Sattes Blech und Schlagwerk sind indes für kleine zarte Ohren nicht ganz so geeignet, wie sich beim ersten Stück, der 20th Century Fox Fanfare von Alfred Newman, herausstellte. Prompt weinte ein Baby. Doch alle anderen Kinder und Jugendlichen hielten dem Phon-Druck tapfer stand und genossen das Konzert. Kein Gerede, kaum ein Bonbonpapier-Rascheln, kaum ein Programmheft-Knautschen, und gehustet wurde auch nicht.

Norderstedts Vorzeige-Orchester: Gefeiert in der TriBühne, aber mit Sorgen

Dafür nutzten einige der kleinen Zuhörerinnen und Zuhörer, vor allem Mädchen in hübschen adretten Kleidern, den starken Rhythmus der Filmmusiken zu eigenen Ballett-Kreationen – eine Augen- zur Ohrenweide des SBN.

„Wir wollten endlich ein Konzert für Kinder und Jugendliche geben“, begrüßte Moderatorin Andrea Bilitewski das Familien-Publikum, informierte erst einmal über alle Orchester und Formationen des Musikvereins und warb für den Kinder- und Jugend-Workshop „Blaswars“, den der Musikverein immer zu Beginn der Herbstferien gibt. „Der Herr, der hier vorn immer so freundlich mit dem Stöckchen winkt, das ist der Dirigent“, stellte sie Lubertus Leutscher vor, als er sein Podium betrat.

Saxofonistin Andrea Bilitewski sprach als Moderatorin des Symphonischen Blasorchesters vor allem die Kinder im Publikum gut an.
Saxofonistin Andrea Bilitewski sprach als Moderatorin des Symphonischen Blasorchesters vor allem die Kinder im Publikum gut an. © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

Herr der Ringe: Von düster und dramatisch bis leicht und tänzerisch

„Ihr müsst nicht still auf dem Stuhl sitzen, ihr könnt auch gern herumlaufen, und wenn es euch zu laut ist, dann haltet einfach die Ohren zu“, sagte Bilitewski, die Euphoneum spielt. Doch die Kinder erwiesen sich als „konzerttauglich“ und hörten still zu, als Bilitewski die Geschichten hinter den Filmmusiken erzählte, beispielsweise von „Herr der Ringe“. Mit ihrer angenehmen Stimme, guter Betonung und Modulation zog sie das junge Publikum rasch in die Erzählungen. Ihre Stimme wurde leicht bedrohlich, wenn sie den Bösewicht vorstellte, düster dramatisch bei der Moor-Passage und leicht, als sie die Hobbits vorstellte. Die Kinder indes kannte alle Geschichten schon und fügten durch lautes Zurufen Namen und Details ein.

Dirigent Lubertus Leutscher steigerte die Stimmung in der „Symphonic Suite from Lord of the Rings“ von Howard Shore rasant und forderte vor allem die tiefen Bleche heraus, die in dem Stück gut zu tun haben. Die groß aufgebaute Schlagwerk-Gruppe zeichnete sich durch exaktes Spiel und klare Zäsuren aus, feine, langsame Saxofon-Sequenzen wurden aufgefangen von Schellengerassel und Tuba-Blubbern, und in die Tempi- und Lautstärke-Steigerungen ließen die Musikerinnen und Musiker immer wieder Romantik einfließen. Die Holzbläser sorgten für Entspannung durch tänzerische, helle Sequenzen, das gesamte Orchester setzte die Suite mit viel Esprit und Freude am Spiel um und zauberte leuchtende Augen beim jungen Publikum. Jedes Instrument wurde zum Märchenerzähler.

Harry Potter als Symphonie trifft den Nerv der jungen Gäste

Währenddessen tanzte ein kleines Mädchen im roten Rock verzückt zu den verlockenden Rhythmen wie eine angehende Ballerina, während sich kleine Jungs gern tief in ihre Sitze lümmelten. Am Rand des großen TriBühne-Saals formierte sich allmählich eine ganze Gruppe von kleinen Tänzerinnen, die fröhlich die Musik in Bewegung umsetzten.

Als die Schlagwerker des Symphonischen Blasorchesters Norderstedt mit viel Vergnügen auf große Pappkartons eindroschen, hatte die Kinder im Publikum einen Riesenspaß.
Als die Schlagwerker des Symphonischen Blasorchesters Norderstedt mit viel Vergnügen auf große Pappkartons eindroschen, hatte die Kinder im Publikum einen Riesenspaß. © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

Als Andrea Bilitewski für „Harry Potter Symphonic Suite“ den ersten Teil „Stein der Weisen“ erzählte, hatte sie genau den Nerv der Potter-Fans getroffen – alle erzählten mit und riefen ihr die Namen zu. Die Potter-Filmmusik von John Williams kam denn aber doch etwas zu uninspiriert, so dass sich eine leise Unruhe ausbreitete.

Jurassic Park: Gelungene Interpretation der Kult-Filmmusik

Die legte sich sofort bei der absolut gelungenen Interpretation zu John Williams‘ „Jurassic Park Soundtrack Highlights“ nach dem Steven-Spielberg-Film, in dem die Dinosaurier zum Leben erwachen und die Besucher des Parks zum Frühstück vernaschen. Auch hier dirigierte Lubertus Leutscher mit klarer, energievoller Gestik, während das Orchester in der „Star Wars Trilogy“ von Williams zu einer wahrlich majestätischen Form findet – begleitet von heroisch leuchtenden Schwertern. Für das Werk erhielt der Komponist einen Oscar.

Zuvor jedoch sorgten die Schlagwerker für den Höhepunkt des Konzerts, indem sie ihre Instrumente verließen, sich große Kartons schnappten und darauf mit Schlegeln und Schlagstöcken droschen, was die Pappe aushielt. Die Kinder und Jugendlichen waren hellauf begeistert von diesem Spektakel.

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Als Zugabe wählte das Symphonische Blasorchester ein sehr zur Zeit passendes Stück aus: „Dona Nobis Pacem“ – sehr berührend gespielt. Zum allerbesten Schluss durfte das Publikum sich die Instrumente anschauen und erläutern lassen. Vor allem die Schlagwerk-Gruppe lockte zum Ausprobieren. „Das ist ein fantastisches Konzert“, freuten sich Yannik und sein Vater Uko van den Heuvel und spielten munter auf dem Xylophon.

TriBühne Norderstedt: Ab Sommer bis Anfang 2026 für Sanierung geschlossen

Dem Familienkonzert am Nachmittag folgte das große Konzert am Abend, in dem auch Gabriele Angelo Mele, Leiter der Norderstedter Musikschule, mit seinem Geigen-Solo in „Theme from Schindler‘s List“ von Williams einen besonderen Akzent setzte und zum Nachdenken anregte – gerade in dieser Zeit, in der der Antisemitismus wieder salonfähig geworden ist.

Es waren die letzten Konzerte in der TriBühne. Das Veranstaltungshaus am Rathaus schließt im Sommer bis Anfang 2026 und wird grundlegend saniert (wir berichteten). Wo das Symphonische Blasorchester mit seinen mehr als 70 Musikerinnen und Musikern am Sonntag, 29. September, sein Jubiläum des 50. Geburtstags feiern kann, ist ungewiss.