Erneut sind bei einer Großdemonstration in Berlin Polizisten schwer verletzt worden. Unbekannte zündeten eine Splitterbombe.

Berlin. Erneut ist bei einer zunächst friedlichen Großdemonstration in Berlin die Gewalt eskaliert. Beim einem Protestmarsch gegen Sozialabbau wurden am Sonnabend aus dem schwarzen Block heraus zwei Polizisten schwer verletzt, als Unbekannte eine Splitterbombe zündeten. Nach Angaben eines Polizeisprechers vom Sonntag handelte es sich offenbar um einen selbst gebauten Sprengsatz, der möglicherweise mit Nägeln oder Glasscherben gefüllt war. Seinen Worten zufolge mussten den beiden Beamten verschiedene „Gegenstände“ herausoperiert werden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) berichtete, die herumfliegenden Splitter hätten sogar die Schutzkleidung der Einsatzkräfte durchschlagen. Bei zwei Polizisten gebe es mehrere Zentimeter breite Fleischwunden an den Beinen. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sprach von einem „Mordversuch“, der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt zumindest wegen versuchten Totschlags.

Die Berliner Landesregierung zeigte sich entsetzt und verurteilte den Angriff. „Es kann und darf für Angriffe auf Polizeibeamte keinerlei politische Legitimation geben“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kritisierte, Teilen des autonomen Spektrums diene Politik nur noch als Vorwand, um Menschen zu verletzen. „Hier handelt es sich um eine neue Brutalität.“ Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) sprach von einem „kriminellen Akt, der mit dem Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit nichts mehr zu tun hat“.

Der Protestmarsch mit bis zu 20000 Teilnehmern war zunächst weitgehend friedlich verlaufen – bis in der Torstraße aus dem „antikapitalistischen Block“ heraus der Sprengsatz gezündet wurde. Auf einem Video, das im Internet kursiert, ist ein barbarisch lauter Knall zu hören. Anschließend sieht man eine riesige Qualmwolke. Drei Demonstranten wurden unter dem Verdacht festgenommen, die Splitterbombe geworfen zu haben. Sie kamen in der Nacht zum Sonntag aber wieder auf freien Fuß.

TAUSENDE PROTESTIEREN GEGEN SPARPAKET

Einem Bericht von „Spiegel online“ zufolge handelte es sich bei dem Sprengsatz vermutlich um einen umgebauten „Polenböller“ – ein illegal aus Polen eingeführter Feuerwerkskörper. Ein Polizeisprecher wird mit den Worten zitiert: „Mit denen kann man locker eine Telefonzelle zerlegen.“ Die Pressestelle der Berliner Polizei konnte die Informationen allerdings nicht bestätigen.

Den beiden Beamten soll es schon wieder bessergehen. Einer von ihnen kann das Krankenhaus nach Polizeiangaben voraussichtlich in Kürze wieder verlassen. Sein Kollege werde allerdings noch einige Tage in der Klinik bleiben müssen. Neben den beiden Schwerverletzten wurden durch den Sprengsatz 13 weitere Polizisten verletzt. Sie erlitten unter anderem Schnittwunden und Knalltraumata, mussten aber nur ambulant behandelt werden.

Straftaten aus dem linksextremen Spektrum sind in Berlin seit längerem an der Tagesordnung. So werden seit einigen Jahren regelmäßig Autos angezündet, meist handelt es sich um Luxuskarossen. Laut offizieller Statistik gab es allein 2009 in der Hauptstadt 320 Brandanschläge auf Autos. Mindestens die Hälfte soll politisch motiviert gewesen sein.

Immer häufiger werden in Berlin aber auch gezielt Polizisten attackiert. Im vergangenen Jahr wurden laut Senatsinnenverwaltung 3175 Polizisten verletzt – davon 397 bei Demonstrationen. Nach den fast schon traditionellen Krawallen am 1. Mai in Kreuzberg gab es 2009 sogar eine Anklage wegen versuchten Mordes, weil Randalierer mit Brandsätzen auf Polizisten geworfen hatten. Vor diesem Hintergrund wird auch über schärfere Gesetze diskutiert: Erst vor zwei Wochen hatte Körting einen speziellen Strafparagrafen für Gewalt gegen Polizisten angemahnt.