Werder Bremen ist nach dem Kantersieg im Abstiegskampf euphorisiert. Beim VfB platzt dagegen Didavi der Kragen, auch Dutt klagt.
Werder Bremen hat im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga einen kleinen Befreiungsschlag gelandet und gleichzeitig die Sorgen des VfB Stuttgart erheblich vergrößert. Im umstrittenen Montagsspiel zum Abschluss des 32. Spieltages besiegten die Norddeutschen die Schwaben mit 6:2 (3:1) und stehen damit zwei Runden vor Saisonende mit 34 Punkten auf Rang 15. Stuttgart rutscht durch die Niederlage mit 33 Zählern hinter die punktgleiche Eintracht aus Frankfurt auf Abstiegsrang 17.
Der 32. Bundesliga-Spieltag
Abendblatt.de hält Sie über den Abstiegskrimi auf dem Laufenden:
Eichin: "6:2-Sieg ist eine klare Botschaft"
Das entgegnete Werder-Geschäftsführer Thomas Eichin nach dem 6:2-Sieg den Journalisten in der Mixed-Zone des Weserstadions.
Frage: 6:2 gegen den VfB Stuttgart: Haben Sie ihrer Mannschaft eine derartige Leistung in dem wichtigen Spiel zugetraut?
Thomas Eichin: Wir haben großen Mut bewiesen und einen noch größeren Willen gezeigt. Ein 6:2-Sieg ist eine klare Botschaft. Dass wir gewinnen, habe ich der Mannschaft schon zugetraut, aber nicht in der Höhe.
Wie groß war der Schritt im Kampf gegen den Abstieg?
Eichin: Wir müssen das jetzt nicht überbewerten. Das war für uns ein Endspiel, das sind wir auch so angegangen. Wir haben die Botschaft in der Mannschaft so verteilt, und sie hat sie angenommen und umgesetzt. Nun müssen wir es abhaken und auf das nächste Endspiel in Köln blicken. Es war sicherlich ein Schritt, dass wir weiter dran bleiben. Aber nicht mehr und nicht weniger.
Bleibt der Psychologie-Professor Andreas Marlovits beim Team? Was hat er bewirkt?
Eichin: Er wird uns sicherlich bei den nächsten Spielen begleiten. Aber er haut den Ball auch nicht rein. Wir haben viele begleitende Maßnahmen ergriffen, um die Mannschaft zu fokussieren. Wenn man gewinnt, hat man alles richtig gemacht.
Wird es wie vor dem Stuttgart-Spiel nun erneut ein Trainingslager vor dem Duell in Köln geben?
Eichin: Das glaube ich nicht, aber das heißt noch gar nichts. Wir werden das Spiel in aller Ruhe analysieren und dann glaube ich, dass wir ganz normal am Freitag anreisen werden.
Werder-Fans beeindrucken Bremer Team
Bremens Verantwortliche zeigten sich nach dem Spiel von der Unterstützung ihres Anhangs beeindruckt. Vor allem Trainer Viktor Skripnik geriet ins Schwärmen. "Ich hatte heute eine Gänsehaut. Das hat mich an die Meisterschaft 2004 erinnert", sagte er bei Sky": "Bei einer solchen Kulisse muss man immer auch etwas zurückgeben. Heute war es ein großer Abend für uns. Wir bedanken uns bei der tollen Kulisse."
Das Spiel aus Sicht Bremer Fans:
Auch Bremens Geschäftsführer Thomas Eichin war begeistert: "Großes Kompliment an unsere Fans. Die Stimmung war heute grandios." Und Werder-Kapitän Clemens Fritz sagte: "Eine ganze Stadt und eine ganze Region stehen hinter uns. Vielen Dank an unsere Fans für diese Unterstützung." Unter den Werder-Fans befindet sich mit dem Musiker Jan Delay auch ein Edelfan aus Hamburg, der seiner Freude nach dem 6:2-Sieg ihren Lauf ließ.
Kramny ärgert die Tordifferenz
Das sagte Stuttgarts Trainer Jürgen Kramny nach dem Spiel bei "Sky": "Wir haben eine Reaktion auf das frühe Gegentor gezeigt. In den letzten 20 Minuten gab es kein Aufbäumen mehr. Das ist ärgerlich, weil die Tordifferenz noch sehr wichtig werden kann. Wir müssen die Niederlage jetzt in der Kürze der Zeit aufarbeiten und dann drei Punkte gegen Mainz holen."
Skripnik sieht Verden-Lager als Schlüssel
Das kurzfristige Trainingslager in Verden ein voller Erfolg, die Zuversicht bei Claudio Pizarro, Clemens Fritz und Co. wieder riesengroß. Nach dem Kantersieg gegen den VfB herrschte bei Werder vor allem Zufriedenheit über die starke mentale Leistung der Elf von Trainer Viktor Skripnik.
"Das Trainingslager in Verden hat uns die gewisse Ruhe gebracht", sagte Skripnik bei Sky. Seine Elf hatte sich auch von den Stuttgarter Treffern von Daniel Didavi zum 1:1 (26.) und Federico Barba zum 2:3 (53.) nicht aus der Ruhe bringen lassen. Skripnik: "Wir haben nichts Besonderes trainiert, aber die Mannschaft konnte dort ohne Stress arbeiten. Jetzt kann man sagen, dass wir alles richtig gemacht haben."
Ob die positive Entwicklung, die sich an den Treffern von Fin Bartels (10., 80.), Barba (Eigentor, 33.), Levin Öztunali (42.), Stürmer-Star Pizarro (64.) und Anthony Ujah (86.) ablesen ließ, denn nun auf den "Geist von Verden" oder die Gesprächen mit dem neuen Team-Psychologen Andreas Marlovits zurückzuführen ist - für Kapitän Fritz schwer festzumachen: "Hauptsache, der Abstiegsgeist kreist nicht über Bremen", sagte der Routinier, der mit seiner überraschenden Vertragsverlängerung in der vergangenen Woche selbst einen guten Teil zur verbesserten Stimmung an der Weser beigetragen hatte.
Stuttgarts Didavi platzt der Kragen
Die Ausgangslage im Abstiegskampf denkbar schlecht, die Personaldecke immer dünner und die Spieler schwer frustriert: Nach der empfindlichen Niederlage in Bremen war Stuttgarts Sportdirektor Robin Dutt sichtlich um Sachlichkeit bemüht. "Ich werde nicht auf die Spieler einhauen. Es sind die letzten, die wir haben", sagte er nach dem Spiel.
Trainer Jürgen Kramny, der mit seinem Team seit nunmehr sieben Spielen ohne Sieg ist, könne er aufgrund der vielen Verletzungen nichts vorwerfen. "Die Führungsspieler, die vorangehen und anpacken sind nicht da", sagte der 51-Jährige. Die Schwaben hatten in Bremen unter anderem auf Kapitän Christian Gentner, Serey Dié, Weltmeister Kevin Großkreutz und den Langzeitverletzten Daniel Ginczek verzichten müssen.
An der Weser mussten dann auch noch Daniel Didavi (44.) und Federico Barba (61.) mit Muskelblessuren ausgewechselt werden. Sie drohen für das so wichtige Duell mit Mainz 05 am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky) auszufallen. Sicher fehlen wird Emiliano Insúa nach seiner fünften Gelben Karte.
Während Dutt wie auch Kramny bereits kurz nach der bösen Pleite alles daran setzte, Wiederaufbau zu leisten, ließ Didavi seinem Frust freien Lauf. "Das ist eine Schande, unser Zweikampfverhalten ein Witz", polterte der Offensivspieler, der nach der Saison zum VfL Wolfsburg wechseln wird: "Wenn man 2:6 in Bremen verliert, hat man keine Argumente mehr."
Stuttgart bleiben nun noch zwei Spiele, um den zweiten Abstieg nach 1975 zu verhindern. "Wir haben jetzt nichts mehr zu verlieren, sondern nur noch zu gewinnen", sagte Dutt: "Wir werden versuchen, das Unmögliche möglich zu machen."
Statistik
Bremen: Wiedwald - Gebre Selassie, Vestergaard, Djilobodji, Santiago Garcia - Fritz, Grillitsch - Yatabare (36. Öztunali), Junuzovic (88. Galvez), Bartels - Pizarro (83. Ujah). - Trainer: Skripnik
Stuttgart: Tyton - Matthias Zimmermann, Niedermeier, Barba (61. Ristl), Insua - Schwaab - Maxim, Rupp (81. Krawez), Didavi (44. Timo Werner), Kostic - Harnik. - Trainer: Kramny
Schiedsrichter: Felix Brych (München)
Tore: 1:0 Bartels (10.), 1:1 Didavi (26.), 2:1 Barba (33., Eigentor), 3:1 Öztunali (42.), 3:2 Barba (53.), 4:2 Pizarro (64.), 5:2 Bartels (80.), 6:2 Ujah (86.)
Zuschauer: 41.000
Gelbe Karten: Gebre Selassie (4) - Insua (5)
sid/dpa/HA