Schon als aktiver Fußballer tat sich der Torhüter als unbequemer Lautsprecher hervor. Auch abseits des Fußballplatzes bleibt Uli Stein eine besondere Persönlichkeit - und bereut so gut wie nichts.

Hamburg. Rebell, HSV-Idol, unbequemer Lautsprecher: Uli Stein hat in seinem Leben schon so manche Schlagzeile produziert. Am Donnerstag feiert der frühere Fußball-Nationalkeeper seinen 60. Geburtstag – im Ruhestand befindet sich der ewig streitbare Querkopf des deutschen Fußballs aber noch lange nicht. Dies bekam zuletzt auch sein Ex-Klub zu spüren.

Keine drei Wochen ist es her, da war Ulrich „Uli“ Stein einmal mehr voll in seinem Element. Vor laufenden Mikrofonen knöpfte sich der extrovertierte Ex-Keeper seine große Liebe, den Hamburger SV, vor und ging nach dem erneut schwachen Saisonstart der Hanseaten verbal auf Angreifer Pierre-Michel Lasogga und Kapitän Rafael van der Vaart los.

Lasogga könne kein Fußball spielen und hätte „bei uns früher wahrscheinlich nur das Ballnetz getragen“. Und bei Spielmacher van der Vaart habe man „immer das Gefühl, der HSV spielt Zehn gegen Elf, wenn van der Vaart spielt“.

Nicht viele dürfen sich derart heftige Kritik an der Elbe erlauben – Stein kann. Der gebürtige Hamburger spielte zwischen 1980 und 1987 sowie in der Saison 1994/95 für den HSV, erlebte die ganz großen Zeiten des Klubs. Stein gewann mit den Hanseaten 1983 den Europapokal der Landesmeister, wurde zweimal deutscher Meister (1982 und 1983) und holte den DFB-Pokal (1987) – Erfolge, von denen die Hamburger heute allenfalls träumen.

Ein Leisetreter war Stein nie. Stein sagt, was er denkt, und macht, was er will – das war schon zu seiner aktiven Zeit so. Legendär und unvergessen ist bis heute die „Suppenkasper-Affäre“ bei der Weltmeisterschaft 1986. Weil ihm Toni Schumacher im Tor vorgezogen wurde, verspottete Stein den damaligen Teamchef Franz Beckenbauer beim Mittagessen im mexikanischen Quartier Mansion Galindo in Querétaro im Kollegenkreis in Anlehnung an einen Werbespot, in dem der Kaiser in den 1960er Jahren für Fertigsuppen geworben hatte, als „Suppenkasper“.

Durch die Indiskretion eines Mitspielers landete der Vorfall schließlich bei der obersten Heeresleitung – Stein wurde vom damaligen DFB-Präsidenten Hermann Neuberger und auf Initiative von Beckenbauer unverzüglich nach Hause geschickt. Es war das unrühmliche Ende der Steinschen Nationalmannschaftskarriere. Eine Rückholaktion durch Beckenbauer scheiterte vor der WM 1990 am Veto der DFB-Oberen.

„Ich würde es wieder so machen“, sagte Stein dazu dem Hamburger Abendblatt: „Ich war damals fast 32, keiner konnte ahnen, dass ich noch bis 42 spiele. Worauf sollte ich warten?“ Bis zum Ende seiner langen Karriere bestritt der 6-malige Nationalspieler für den HSV, Eintracht Frankfurt und Arminia Bielefeld 512 Bundesliga-Spiele und belegt damit Platz zehn in der Liste der Rekordspieler.

Für einen beispiellosen Eklat sorgte Stein mit seinem Faustschlag gegen Jürgen „Kobra“ Wegmann im Finale des Supercups 1987. Als der Bayern-Stürmer Stein an jenem Abend des 28. Julis 1987 zum zweiten Mal überwunden hatte, knockte der Keeper ihn kurzerhand aus und kassierte dafür die Rote Karte.

Seine hohe Emotionalität und den unbändigen Ehrgeiz hat Stein bis heute nicht verloren. Ob als Torwarttrainer von Aserbaidschan, als der er zuletzt an der Seite von Berti Vogts arbeitete, oder als Fußball-Fan vor dem Fernseher. Noch heute bricht der innere Vulkan immer wieder aus, wenn der Anpfiff ertönt.

„Dann bin ich ein anderer Mensch, ich rege mich über den Schiedsrichter auf, schimpfe. Aber das gehört für mich dazu“, sagte der passionierte Golfer zuletzt und monierte: „Leider haben wir im Fußball nicht mehr viele solcher Typen, die mit Emotionen dabei sind, die sich für den Verein aufopfern.“ Stein vermisst echte Kerle. Kerle wie ihn.