Schöffengericht Itzehoe verurteilt Rellinger zu zwei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe. Weitere Anklagen folgen

Rellingen/Itzehoe. Regungslos nahm André M. am Freitagnachmittag das Urteil zur Kenntnis: Für drei versuchte schwere Brandstiftungen in Rellingen muss der 27-Jährige zwei Jahre und drei Monate hinter Gitter. Und dem mutmaßlichen Serien-Brandstifter droht weiteres Ungemach: Zwölf Taten, überwiegend Pkw-Brandstiftungen und Sachbeschädigungen, sind Bestandteil zweier weiterer Anklagen, die in Kürze verhandelt und die Strafe weiter erhöhen werden.

Ohne eine Miene zu verziehen, nahm der Rellinger auch die harten Worte, die Richter Dominik Mardorf vom Schöffengericht Itzehoe in der Urteilsbegründung verwandte, zur Kenntnis. „Ich werde in das Urteil reinschreiben, dass Sie die Strafe in voller Höhe absitzen müssen. Ich halte Sie für hochgefährlich.“ Der Angeklagte weise ein hohes Rückfallpotenzial auf, konstatierte der Richter am dritten und letzten Prozesstag. Daher bleibe auch der Haftbefehl gegen André M. vom 9. September 2014 in Kraft.

Doch selbst wenn Mardorf dem Angeklagten am Freitag eine Haftverschonung gewährt hätte, wäre dieser hinter Gittern verblieben. So hatte das Landgericht Itzehoe, dem die beiden anderen Anklagen vorliegen, sicherheitshalber den Erlass eines zweiten Haftbefehls beschlossen.

Dass André M. gefährlich ist, bestätigte am Freitag der psychiatrische Gutachter Dr. Thomas Bachmann. Der Angeklagte leide unter einer schweren Persönlichkeitsstörung, einer Psychopathie. Der Psychiater bekam keine Gelegenheit, den 27-Jährigen selbst zu untersuchen und einer Befragung zu unterziehen, weil dies der Angeklagte und sein Verteidiger Thomas Penneke abgelehnt hatten. „Es handelt sich um ein Gutachten, basierend auf der Aktenlage“, so Bachmann. Der Psychiater befasste sich ausführlich mit den Vorgutachten über André M., die insbesondere während seiner Zeit in der Landesklinik Neustadt erstellt worden waren.

Dort saß der Angeklagte von 2008 bis zu seiner Entlassung am 1. Dezember 2013. Er war 2007 festgenommen worden, weil er mit einem Komplizen angeblich einen Bombenanschlag auf das Rellinger Apfelfest geplant hatte. Der Prozess vor dem Landgericht Itzehoe endete im Juli 2008 mit einem Freispruch in diesem Punkt. Verurteilt wurde das Duo wegen mehr als 100 Straftaten. Darunter Pkw-Brandstiftungen, Sachbeschädigungen, Reifenstechereien, ein Buttersäureanschlag und die Sprengung eines Zigarettenautomaten. André M. erhielt eine dreieinhalbjährigen Jugendstrafe und wurde in der Neustädter Psychiatrie untergebracht.

Dort kam es laut Bachmann in der Folge immer wieder zu Schwierigkeiten mit dem Rellinger. Erst 2013, als ihm die Entlassung in Aussicht gestellt wurde, habe sich sein Verhalten plötzlich gebessert. Bachmann sprach davon, dass Andre M. die Ärzte und Gutachter manipuliert habe – ohne dass sie dies realisiert hätten. So habe der 27-Jährige betont, im Falle der Entlassung nicht nach Rellingen zurück zu wollen und stattdessen versprochen, einen Wohnsitz in der Nähe der Klinik zu nehmen und eine Therapie zu beginnen. Kaum in Freiheit, sei André M. jedoch in die elterliche Wohnung in Rellingen zurückgekehrt und habe bis zu seiner erneuten Inhaftierung zehn Monate später alle Therapieangebote abgelehnt.

Der Gutachter bezweifelte, dass der 27-Jährige therapierbar sei. Er könne durch eine Behandlung noch gefährlicher werden. „Jede Einrichtung kommt mit Herrn M. an ihre Grenzen.“ Trotz der Persönlichkeitsstörung sei seine Schuldfähigkeit nicht eingeschränkt. Er habe geplant und zielgerichtet gehandelt, sei nicht durch Medikamente beeinflusst gewesen. Der 27-Jährige sei für eine erneute Unterbringung in der Psychiatrie nicht geeignet.

Für die drei versuchten Pkw-Brandstiftungen, die André M. am 8. September unter den Augen der ihn observierenden Polizeikräfte unternahm, forderte Staatsanwalt Kjell Gasa zwei Jahre und zehn Monate Haft. „Es steht völlig außer Zweifel, dass der Angeklagte die Taten begangen hat.“ Verteidiger Penneke beantragte einen Freispruch. Er bezeichnete die Beamten als voreingenommen gegenüber André M. und sah den endgültigen Bewies, dass er der Täter sei, als „nicht geführt“ an. Er will Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Auch Staatsanwalt Gasa hält sich diese Möglichkeit offen, weil er ein härteres Urteil für unabdingbar hält.

Richter Mardorf betonte, dass die Persönlichkeitsstörung des Angeklagten keinen Einfluss auf seine Steuerungsfähigkeit ausgeübt habe. „Sie haben bewusst und gewollt entschieden, die Autos anzuzünden. Das ist persönliche, vorwerfbare Schuld.“ Der Angeklagte sei vorbestraft und habe zum Zeitpunkt der Taten unter Bewährung und Führungsaufsicht gestanden. „Das wiegt schwer. Selbst wenn wir zu einer Strafe von bis zu zwei Jahren gekommen wären, hätten wir für eine Bewährung keinen Grund gesehen.“