Tunis. Kanzlerin Merkel verspricht bei ihrem Besuch, die junge Demokratie in Nordafrika zu unterstützen. Doch sie erwartet Gegenleistungen.

Nach der Pflicht in Ägypten folgte für Angela Merkel am Freitag in Tunesien die Kür. Der kleine Mittelmeeranrainer ist der einzige Überlebende des Arabischen Frühlings, ein Land mit vielen Hoffnungen, aber auch vielen Problemen. Entsprechend lang ist die Wunschliste der Gastgeber an Deutschland. Die tunesische Seite braucht vor allem Investitionen, um die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen zu können.

„Wir sind uns bewusst, dass es nicht einfach ist, eine Demokratie aufzubauen und zu festigen“, erklärte die Kanzlerin und sagte für dieses Jahr Wirtschaftshilfen von 250 Millionen Euro zu, die vor allem für die ländlichen Regionen und die Berufsbildung von jungen Arbeitslosen gedacht sind.

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    Rücknahmeabkommen mit Tunis

    Im Gegenzug pochte sie auf eine engere Kooperation bei der Migration, auch wenn 2016 unter den 180.000 Bootsflüchtlingen nach Italien nur wenige Tunesier waren. Wie kürzlich die Regierung in Rom unterzeichnete am Freitag auch Berlin ein Rücknahmeabkommen mit Tunis. Abschiebungen sollen künftig schneller gehen.

    22.000 Tunesier leben derzeit in Deutschland, 1500 müssten eigentlich ausreisen, wie die Kanzlerin auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Präsident Beji Caid Essebsi betonte. Doch wie im Falle des Berliner Attentäters Anis Amri zeigte sich ihre Heimat bislang wenig kooperativ.

    Merkel verspricht auch Hilfe bei der Grenzsicherung zu Libyen

    Das soll sich mit dem neuen Abkommen grundlegend ändern. Künftig muss die Identität einer Person innerhalb von 30 Tagen geklärt und innerhalb einer Woche ein Ersatzpass ausgestellt werden, der drei Monate gültig ist. „Der Vertrag stellt Tunesien zufrieden, und er stellt Deutschland zufrieden“, erklärte Essebsi. Auffanglager für Migranten dagegen lehnt die tunesische Führung ab. Merkel versicherte ihren Gastgebern, es gehe nicht darum, Migranten zurückzuschicken, die keine Einheimischen seien.

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      Weiterhin Kopfzerbrechen dagegen bereitet das zerfallende Libyen. Beide nordafrikanischen Nachbarn Tunesien und Ägypten tun sich schwer, ihre Grenzen zu dem Post-Gaddafi-Staat zu kon­trollieren. Und so will Berlin beim Bau und Ausbau der Grenzanlagen helfen. Denn Libyen ist nicht nur Tummelplatz für Menschenschmuggler, sondern auch Rückzugsort für viele Dschihadisten. Das kleine Tunesien stellt zusammen mit Marokko und Saudi-Arabien die größten Ausländerkontingente beim „Islamischen Staat“.

      Trotzdem ist Tunesien für Merkel „ein Hoffnungsprojekt“. Das Land könne „bei allen Herausforderungen stolz sein auf den Weg, den es gegangen ist“, erklärte die Kanzlerin. Zum Abschluss ihres Besuches ehrte sie die junge Demokratie mit einer 20-minütigen Rede im Parlament, dessen Plenum allerdings halb leer blieb.