Hamburg/Berlin/Brüssel/Athen. Vor dem Referendum wird es keine Griechenland-Verhandlungen mehr geben. Premier Tsipras hält an Abstimmung fest.

Neue Runde im Schuldenstreit zwischen Griechenland und seinen Geldgebern: Die Finanzminister der Eurogruppe sprachen heute erneut über die verfahrene Lage in dem pleitebedrohten Krisenland. EU-Diplomaten erwarten neue Spar- und Reformvorschläge aus Athen.

In der Nacht lief das Rettungsprogramm für Athen aus. Griechenland zahlte eine Kreditrate in Höhe von 1,5 Milliarden Euro nicht an den IWF zurück.

+++ Lesen Sie hier einen Kommentar von Matthias Iken zur Griechenland-Krise +++

Die nächsten Termine in der Grexit-Frage

Montag, 29. Juni

Die griechischen Banken bleiben nach dem Scheitern der Verhandlungen zu. An den Bankautomaten dürfen maximal 100 Euro pro Tag abgehoben werden. In Berlin hat Kanzlerin Angela Merkel die Spitzen der Bundestagsparteien zu einem Sondertreffen ins Kanzleramt eingeladen.

Dienstag, 30. Juni

Euro-Befürworter wollen vor dem Parlament in Athen demonstrieren. Das aktuelle Hilfspaket der Geldgeber endet. Etwa 15,5 Milliarden Euro stehen Griechenland damit nicht mehr zur Verfügung. Bis Mitternacht US-Ostküstenzeit (früher Mittwochmorgen in Deutschland) muss das Krisenland etwa 1,5 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen. Unklar, ob die Regierung das noch kann oder will. Falls nicht, wäre das Land im Verzug, würde aber nicht automatisch als zahlungsunfähig eingestuft.

Sonntag, 5. Juli

Geplantes Referendum in Griechenland. Die Bürger sollen über das letzte Spar- und Reformprogramm der Gläubiger abstimmen. Dies haben die Geldgeber jedoch bereits für obsolet erklärt.

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Abendblatt.de hält Sie in der Grexit-Frage auf dem Laufenden:

Athen zahlt Schulden bei eigener Notenbank nicht zurück

20.22 Uhr: Die griechische Regierung hat außer beim IWF auch bei der eigenen Zentralbank fällige Schulden nicht zurückgezahlt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Notenbankkreisen, die damit einen Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ bestätigten.

Demnach wurde ein fälliger Kredit im Umfang von 470 Millionen nicht beglichen. Es handele sich um Altlasten aus der Zeit vor der Einführung des Euro. Kredite der Zentralbank an die Regierung eines Landes sind nach den Regeln des Eurosystems heute nicht mehr erlaubt.

Vor dem Referendum keine Griechenland-Verhandlungen mehr

20.05 Uhr: Die Euro-Partner warten vor weiteren Beratungen zu Griechenland den Ausgang des Referendums am kommenden Sonntag ab. Das erklärte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am Mittwoch nach einer Telefonkonferenz mit den Euro-Finanzministern. „Wir sehen in diesem Moment keine Basis für weitere Gespräche“, sagte der Niederländer.

Zwischen den Geldgeber-Institutionen und der griechischen Regierung werde ebenfalls nicht verhandelt. Dijsselbloem wies auf die politische Lage in dem Krisenland hin. So habe die Regierung empfohlen, bei der Volksabstimmung die Sparforderungen der Geldgeber abzulehnen.

Premier Alexis Tsipras hatte einen 29-Milliarden-Euro-Kredit des Euro-Rettungsschirms ESM gefordert. Dieser Antrag werde erst nach der Volksabstimmung bearbeitet, berichteten Diplomaten.

Eine Verlängerung des bisherigen Hilfsplans sei nicht mehr möglich, da dieser in der Nacht auslief, sagte Dijsselbloem.

Es gab dem Vernehmen nach Kritik an der Rede von Tsipras. Diese sei nicht hilfreich gewesen, so EU-Kreise. Der Linkspolitiker hatte erneut für ein „Nein“ beim Referendum geworben.

Thema war auch ein weiterer Brief, in dem Tsipras geschrieben hatte, die wichtigsten Bedingungen der Geldgeber erfüllen zu wollen. Alle drei Geldgeber-Institutionen, also EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds, betonten, dass dies nicht reiche für eine Abmachung, sagten Diplomaten. Dijsselbloem sagte, dieser Brief sei „zur Kenntnis“ genommen worden.

Nach den Regeln des ESM müssen zunächst die Kommission, die Europäische Zentralbank und - wenn möglich - der Internationale Währungsfonds (IWF) feststellen, wieviel Geld ein Krisenland braucht. Dann wird den Euro-Finanzministern ein Vorschlag gemacht. Bei einer Zustimmung arbeiten die Geldgeber-Institutionen einen Vertrag mit dem Krisenland aus, der dann auch wieder gebilligt werden muss. Es sind üblicherweise drei bis vier Wochen nötig, um ein Hilfsprogramm auf die Beine zu stellen.

Griechischer Staatsrat entscheidet über Klage gegen Referendum

19.21 Uhr: Griechenlands Staatsrat, das höchste Verwaltungsgericht des Landes, will darüber entscheiden, ob die geplante Volksabstimmung über den Spar- und Reformkurs rechtmäßig ist. Wie der staatliche Rundfunk ERT am Mittwoch berichtete, hatten zwei Bürger - ein Ingenieur und ein Jurist - gegen das für diesen Sonntag angesetzte Referendum geklagt. Der Staatsrat will am Freitag in einer Sondersitzung über die Klage entscheiden.

Die Kläger hatten ihren Einspruch damit begründet, dass die Volksabstimmung nicht den - in der Verfassung vorgeschriebenen - Anforderungen entspreche. Sie wollen erreichen, dass der Staatsrat die Abhaltung des Referendums mit einer einstweiligen Verfügung unterbindet. Griechische Verfassungsrechtler räumten der Klage nach Medienberichten allerdings kaum Erfolgschancen ein.

Tsipras hält an Referendum fest

17.41 Uhr: Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hält an der geplanten Volksabstimmung über den Spar- und Reformkurs fest - und bleibt auch bei seiner Empfehlung an die Griechen, mit „Nein“ zu stimmen. „Ein 'Nein' bedeutet keinen Bruch mit Europa“, sagte Tsipras am Mittwoch im griechischen Staatsfernsehen. „Gleichzeitig fordere ich Sie auf, zu den europäischen Rezepten 'Nein' zu sagen.“

Tsipras hatte sich in einem neuen Brief an die Geldgeber bereit erklärt, die vorrangigen Bedingungen der Gläubiger grundsätzlich zu erfüllen. Zu den früher gestellten Bedingungen der Europartner zählte allerdings auch die Aufforderung an Tsipras, er möge den Griechen ein „Ja“ zu neuen Spar- und Reformplänen empfehlen.

Mit Blick auf das Referendum sagte Tsipras in der nur wenige Minuten dauernden Rede: „Auch andere Länder haben Volksabstimmungen abgehalten. Ein Sieg des "Neins" bei der Volksabstimmung stärkt die Verhandlungsposition Griechenlands.“ Es ebne den Weg dazu, in den Verhandlungen mit den Geldgebern zu einer besseren Lösung zu kommen. „Ein Nein ist eine historische Verantwortung.“

Papst ruft zum Gebet für Griechenland auf

14.48 Uhr: Papst Franziskus ruft zum Gebet für Griechenland auf. Der Papst wolle dem griechischen Volk seine Nähe bekunden, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung von Vatikansprecher Federico Lombardi. Die Nachrichten über die wirtschaftliche und soziale Lage des Landes seien besorgniserregend.

Franziskus denke vor allem an die vielen Familien, die von "einer sehr komplexen und leidvollen menschlichen und sozialen Krise" schwer geprüft seien, so der Sprecher. Zugleich ermahne der Papst dazu, dass die Menschenwürde in allen politischen und technischen Debatten im Zentrum bleiben müsse. Das gelte ebenso für die "Annahme verantwortlicher Entscheidungen". Franziskus rufe alle Gläubigen auf, sich dem Gebet für das Wohl des "geliebten Volkes" anzuschließen.

Brüssel zögert nach Tsipras-Brief

13.40 Uhr: Die EU-Kommission reagiert zurückhaltend auf die jüngsten Sparzusagen des griechischen Premiers Alexis Tsipras. „Wir sind in einer neuen Lage“, sagte Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis in Brüssel mit Blick auf das in der Nacht ausgelaufene Hilfsprogramm für Athen.

Die wirtschaftliche Situation Griechenlands habe sich erheblich verschlechtert. Seit Montag sind die Banken geschlossen. Es werde jetzt nicht mehr über die Verlängerung des alten Rettungsplans gesprochen, sondern über ein Zwei-Jahres-Programm des Eurorettungsschirms ESM.

Die aktuellsten griechischen Vorschläge könnten in Verhandlungen für das neue Rettungsprogramm eingebracht werden. „Wir sind bereit, zu verhandeln und zu einer Lösung kommen“, sagte der für den Euro verantwortliche Kommissar. „Dazu müssen sich beide Seiten konstruktiv verhalten.“ Die Kommission prüfe die jüngsten Zusagen und werde der Eurogruppe am späten Nachmittag eine erste Einschätzung geben. In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben vom 30. Juni zeigt sich Tsipras im Schuldendrama bereit, vorrangige Bedingungen der Geldgeber grundsätzlich erfüllen zu wollen. Zuvor hatte Tsipras in einem anderen Schreiben einen 29-Milliarden-Euro-Kredit des ESM gefordert.

Merkel will Referendum abwarten

13.16 Uhr: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Verhandlungen mit der griechischen Regierung über ein neues Hilfsprogramm vor dem Referendum eine Absage erteilt. „Die Tür für Verhandlungen war immer offen und bleibt immer offen“, betonte Merkel zwar in einer Bundestagsdebatte über die Lage in Griechenland in Berlin. Die schwarz-rote Bundesregierung habe sich aber darauf verständigt, das Referendum abzuwarten. Vorher könne „über kein neues Hilfsprogramm verhandelt werden“. Notwendig für solche Verhandlungen sei zudem ein Mandat des Bundestages. „Wir können das auch in Ruhe abwarten, denn Europa ist stark", sagte Merkel: "Wir haben Schutzvorkehrungen getroffen, an die im Februar 2010 noch nicht einmal zu denken war.“

Kundgebung in Griechen-Hochburg Stuttgart

12.52 Uhr: Zu einer Solidaritätskundgebung für Griechenland rufen mehrere Initiativen für Freitagabend in Stuttgart auf. Die Veranstaltung steht unter dem Motto „Schluss mit dem Kaputtsparen Griechenlands – für ein solidarisches Europa“. Sie wird vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac, dem Stuttgarter Bürgerprojekt „Die Anstifter“ und der Initiative „Neue hellenische Gemeinde Stuttgart“ organisiert.

Schäuble: "Mir tun die Menschen in Griechenland leid"

12.46 Uhr: Die jüngsten Zusagen aus Athen sind nach Ansicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch keine Grundlage für eine Lösung der Griechenland-Krise. Schäuble bestätigte in Berlin, dass am Dienstagabend ein weiterer Brief des griechischen Premiers Alexis Tsipras angekommen sei: „Der hat auch nicht mehr Klarheit geschafft“, sagte Schäuble. Die Ankündigungen aus Athen reichten für „seriöse Maßnahmen“ nicht aus. Mit Blick auf das Vorgehen der Syriza-Regierung erklärte er: „Es ist alles todtraurig. Mir tun die Menschen in Griechenland leid.“

In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben vom 30. Juni zeigt sich Tsipras bereit, die vorrangigen Bedingungen der Geldgeber grundsätzlich erfüllen zu wollen. Schäuble verwies aber darauf, dass das letzte Angebot der Geldgeber und das zweite Hilfsprogramm seit Mitternacht hinfällig seien: „Was abzulehnen, was anzunehmen, ist nicht mehr existent.“ (siehe Meldung von 12.08 Uhr).

Athen könne nicht einfach die Zeit zurückzudrehen. Es liege jetzt an Griechenland, endlich zu sagen, was es wolle. Die Euro-Finanzminister würden die Tür für Verhandlungen offenhalten. Mögliche neue Hilfen müssten aus dem dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM kommen. Beim ESM seien die Voraussetzungen aber „ziemlich andere“, erklärte Schäuble. Athen will aus dem ESM rund 29 Milliarden Euro haben.

Internet-Portal informiert über Referendum

12.24 Uhr: Die griechische Regierung hat ein Internet-Portal mit Informationen zum geplanten Referendum eingerichtet. Die Seite ist sowohl auf Griechisch als auch auf Englisch verfügbar. Sie solle die Menschen im Land und die internationale Öffentlichkeit mit „präzisen“ Informationen über die für Sonntag geplante Volksabstimmung versorgen, teilte das Büro von Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis mit.

In Athen gingen am Dienstagabend Tausende Griechen für den Verbleib in der Euro-Gruppe auf die Straße
In Athen gingen am Dienstagabend Tausende Griechen für den Verbleib in der Euro-Gruppe auf die Straße © dpa

Auf dem Portal bezieht zugleich Ministerpräsident Alexis Tsipras in Statements ausführlich Stellung. „Meinungsäußerung ist ein hohes und heiliges Gut“, heißt es etwa mit Blick auf die Volksabstimmung. Er hatte das Referendum zu den Reformvorschläge der Gläubiger überraschend angekündigt und seine politische Zukunft an ein „Nein“ geknüpft.

Schäuble weist Tsipras-Vorstoß zurück

12.08 Uhr: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den jüngsten Vorstoß aus Athen für eine Lösung der Griechenland-Krise zurückgewiesen. Der zweite Brief des griechischen Premiers Alexis Tsipras schaffe keine Klarheit. Das letzte Angebot der Geldgeber und das zweite Hilfsprogramm seien seit Mitternacht hinfällig: „Was abzulehnen, was anzunehmen, ist nicht mehr existent“, sagte Schäuble in Berlin mit Blick auf das Schreiben aus Athen. Es sei eine völlig neue Situation eingetreten, auch weil Griechenland die fällige IWF-Rate nicht gezahlt habe und „wir damit nach den IWF-Regeln einen Default (Zahlungsausfall) haben“.

Bericht: Tsipras auf Kompromisskurs

11.27 Uhr: Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras ist laut „Financial Times“ grundsätzlich bereit, die meisten Bedingungen der Geldgeber zu erfüllen. Das berichtete die britische Zeitung unter Berufung auf einen neuen Brief von Tsipras an die Spitzen von EU-Kommission, EZB und IWF. Demnach wolle Athen die Auflagen bis auf eine Handvoll geringer Änderungen akzeptieren. Die „FT“ beruft sich bei ihrer Berichterstattung auf ein Schreiben aus dem Büro von Ministerpräsident Tsipras.

Umfrage: Knappe Mehrheit gegen Sparprogramm

11.07 Uhr: Eine knappe Mehrheit der Griechen will laut einer Umfrage bei der Volksabstimmung am Sonntag gegen das Sparprogramm der Geldgeber stimmen. Das ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage im Auftrag der linksgerichteten Zeitung „Efimerida ton Syntakton“. Demnach gaben 46 Prozent der Befragten an, mit „Nein“ stimmen zu wollen, 37 Prozent befürworteten hingegen die Vorschläge der Gläubiger.

Das Hilfsprogramm für Griechenland war Mittwochnacht ausgelaufen. Die Finanzminister der Eurogruppe wollen am späten Nachmittag erneut über die Lage in dem pleitebedrohten Land sprechen. EU-Diplomaten erwarten neue Spar- und Reformvorschläge der Regierung in Athen.

Rentner strömen zu den Banken

10.34 Uhr: Die Banken in Griechenland haben heute für Rentner geöffnet. Seit dem frühen Morgen standen zahlreiche Pensionäre Schlange, um an Bargeld zu kommen. Die Banken hatten diese Ausnahme ermöglicht, da viele Rentner keine EC- oder Kreditkarten haben und somit in den vergangenen Tagen an den Automaten kein Bargeld abheben konnten. Im ganzen Land öffneten rund 1000 Filialen, wie griechische Medien berichteten. Sie sollen demnach auch am Donnerstag und am Freitag offen sein.

Euro-Finanzminister verschieben Telefonkonferenz

9.53 Uhr: Die Euro-Finanzminister verschieben ihre Telefonkonferenz zur griechischen Schuldenkrise auf den Nachmittag. Die Minister werden nicht wie geplant um 11.30 Uhr über die jüngsten Vorschläge aus Athen beraten, sondern erst um 17.30 Uhr. Das ließ Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem seinen Sprecher auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mitteilen. Die Telefonkonferenz werde auf Anfrage mehrerer Minister verschoben, hieß es in dem Tweet von Michel Reijns, den Dijsselbloem auf Twitter weiterverbreitete.

Modehändler sagt wegen Hellas Börsengang ab

8.24 Uhr: Der Damenmodehändler CBR (Street One, Cecil) hat seinen für diese Woche geplanten Börsengang abgesagt. Als Grund gab das Unternehmen aus dem niedersächsischen Celle am Mittwoch die von der dramatischen Entwicklung in Griechenland ausgelösten Unsicherheiten an den Finanzmärkten an. Derzeit sei die Investitionsbereitschaft nicht gegeben, teilte die Beteiligungsgesellschaft EQT mit, der CBR gehört.

EQT betonte, den Markt weiter zu beobachten, um in einem stabileren Umfeld einen neuen Anlauf zu unternehmen. Strategie und operatives Geschäft seien durch den abgesagten Börsengang nicht beeinflusst. Am Montag hatte bereits die Wohnimmobilienfirma ADO ihren Börsengang wegen der Griechenland-Krise verschoben.

Griechenland lässt Eurokurs kalt

8.15 Uhr: Die Griechenlandkrise bewegt den Eurokurs weiter kaum. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde am Mittwoch im frühen Handel mit 1,1141 US-Dollar gehandelt und lag damit auf dem Niveau vom Dienstagabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstagmittag auf 1,1189 (Montag: 1,1133) US-Dollar festgesetzt.

Der Eurokurs trotzt damit weiter den Turbulenzen der Griechenland-Krise. Griechenland hat eine Kreditrate in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro nicht fristgerecht an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgezahlt. Ansteckungseffekte gelten jedoch angesichts der besser aufgestellten Eurozone am Markt weiterhin als unwahrscheinlich.

Die Devisenexperten der Commerzbank verweisen vor allem auf die EZB. So habe EZB-Chefvolkswirt Peter Praet am Dienstag erneut das Instrumentarium hervorgehoben, welches die EZB zur Krisenbekämpfung zur Verfügung hat. „Dass die Euro-Wechselkurse auf Griechenland nicht reagieren, heißt, dass der Devisenmarkt fest davon ausgeht, dass die Disziplinierung erfolgreich ist“, lautet die Einschätzung der Commerzbank.

Auch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten haben sich zuletzt verbessert. Am Vormittag werden die Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone für den Monat Juni erwartet. Mit großer Spannung wird daher vor allem auf die Zahlen aus Italien und Spanien geschaut. In diesen Ländern hatte es auch keine Vorabschätzung gegeben.

Griechenland zahlt 1,5 Milliarden Euro an IWF nicht

5.59 Uhr: Griechenland hat nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) eine fällige Kreditrate in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro nicht pünktlich zurückgezahlt. Das Geld sei am Dienstag nicht beim IWF eingegangen, teilte IWF-Sprecher Gerry Rice in Washington mit. Die griechische Regierung hatte den Ausfall der Zahlung angekündigt.

Griechenland ist das erste entwickelte Land, das seine IWF-Schulden nicht fristgerecht zurückzahlt. Bisher waren verarmte afrikanische Entwicklungsländer oder Schwellenländer wie etwa Argentinien zahlungssäumig.

Offiziell sprach der IWF von einem „Zahlungsrückstand“. Griechenland könne erst dann neue IWF-Gelder erhalten, wenn die Rückstände bezahlt seien, sagte Rice. Er fügte an, die IWF-Führung sei über die ausbleibende Überweisung informiert worden. Seinen Angaben nach bat die griechische Regierung zudem um eine Verlängerung der Frist bei der Schuldenrückzahlung. Die IWF-Spitze werde sich damit „zu gegebener Zeit“ beschäftigen. Weitere Einzelheiten nannte Rice nicht.

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Über unmittelbare Sanktionsmöglichkeiten gegenüber säumigen Zahlern verfügt der IWF nicht. Er kann lediglich Mahnungen aussprechen. IWF-Chefin Christine Lagarde hatte am Wochenende signalisiert, dass die Tür zu weiteren Gespräche mit Athen noch nicht völlig zugeschlagen sei.

Die griechische Regierung hatte am Wochenende überraschend eine Volksabstimmung über die Reformvorschläge der Gläubiger Griechenlands angekündigt. Daraufhin scheiterten am Samstag die Verhandlungen der Euro-Finanzminister mit Athen. Das hatte die Diskussion über einen „Grexit“ - also ein Ausscheiden des Landes aus dem Euro - belebt. Griechenland plagen gewaltige Schulden.

Die Bemühungen, das Land vor dem Finanzkollaps zu retten, gehen weiter: Für Mittwoch erwarten EU-Diplomaten neue Spar- und Reformvorschläge aus Athen. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem setzte für Mittwoch eine weitere Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister an.

Bereits am Dienstag hatten Athen und Brüssel Last-Minute-Vorschläge zur Krisenlösung vorgelegt. Griechenland brachte den Vorschlag eines weiteren Hilfsprogramms ins Spiel. Nach Informationen der „Welt“ erwägt Athen auch, die für Sonntag geplante Volksabstimmung unter der Bedingung abzusagen, dass es eine schnelle Übereinkunft mit der Eurogruppe gibt.

Chronologie der Griechenland-Krise

März 2010

Das Parlament in Athen verabschiedet ein erstes massives Sparprogramm, das unter anderem Steuererhöhungen sowie das Einfrierender Renten vorsieht. Massenproteste folgen. Die Eurostaaten sagen ein erstes Hilfspaket unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds(IWF) zu.

April/Mai 2010

Griechenland beantragt offiziell ein Hilfsprogramm. Die Eurogruppe beschließt Notkredite in Höhe von 110 Milliarden Euro und verlangt im Gegenzug einen harten Sparkurs.

Oktober 2011

Ein zweites Rettungspaket wird beschlossen:Griechenlands private Gläubiger sollen freiwillig einem Schuldenschnitt von 50 Prozent zustimmen. Zudem soll es Kredithilfen von 100 Milliarden Euro geben und Garantien von 30 Milliarden Euro, mit denen der Schuldenschnitt begleitet wird.

Februar/März 2012

Das griechische Parlament stimmt einem weiteren Sparpaket zu, das auf Druck der internationalen Geldgeber mehrfach verschärft wird.

November 2012

Athen billigt abermals ein Sparpaket als Voraussetzung für weitere Hilfen. Ein drittes Rettungspaket ist im Gespräch. Die Eurogruppe signalisiert, dass weitere Hilfen möglich sind - aber erst, wenn das laufende Hilfsprogramm erfolgreich beendet wird.

Juli 2013

Und wieder muss Athen neuen Sparmaßnahmen zustimmen. Siesehen unter anderem die Entlassung von 15 000 Staatsbediensteten vor. Bei weiteren 25 000 Beamten werden die Einkommen gekürzt.

Januar 2015

Die Linkspartei Syriza unter Alexis Tsipras gewinnt die Parlamentswahl. Seine Popularität verdankt er der Ablehnung desvereinbarten Sparkurses.

Februar 2015

Die Euro-Finanzminister verlängern das - bereits einmal verlängerte - Hilfsprogramm von Ende Februar bis Ende Juni 2015.

März 2015

Athen legt eine Liste mit Reformen vor, die pro Jahr drei Milliarden Euro einbringen sollen. Es geht vor allem um den Kampf gegen Steuerhinterziehung. Die internationalen Geldgeber halten die Liste für unzureichend und verlangen Nachbesserungen.

Mai 2015

Das Tauziehen um Reformen geht weiter. Die Finanznot in Athen wird immer größer. Die Regierung sucht nach Geld, um Kreditschulden beim Internationalen Währungsfonds bezahlen zu können.

Juni 2015

Der IWF erlaubt Griechenland, insgesamt vier im Juni fällige Kredite erst Ende des Monats zurückzuzahlen. Athen legt neue Reformvorschläge vor, Krisentreffen auf Spitzenebene bleiben aber ergebnislos. Tsipras schlägt überraschend vor, das griechische Volk über die Sparvorschläge der Geldgeber abstimmen zu lassen und wirbt für ein negatives Votum. Die Eurogruppe erklärt die Verhandlungen für gescheitert, das Hilfsprogramm wird nicht verlängert.

13. Juli 2015

Der Grexit ist vorerst abgewendet. Beim Euro-Gipfel in Brüssel einigen sich die Regierungschefs mit Griechen-Premier Alexis Tsipras auf ein Reform- und Sparprogramm. Der Finanzbedarf der Griechen wird auf 82 bis 86 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren taxiert. Die Parlamente in den Euro-Ländern müssen noch zustimmen.

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(dpa/HA/kna)