Warschau. Überraschende Wende im polnischen Justizstreit: Präsident Duda macht von seinem Vetorecht Gebrauch und stoppt die umstrittenen Gesetze.

  • Die Justizreform der nationalkonservativen Regierung in Polen ist höchst umstritten
  • Viele Menschen gingen in den vergangenen Tagen auf die Straße, um dagegen zu protestieren
  • Das Veto des polnischen Präsidenten Andrzej Duda bringt die Wende im Justizstreit

Polens Präsident Andrzej Duda hat gegen die umstrittene Justizreform der nationalkonservativen Regierung sein Veto eingelegt. Das Gerichtswesen müsse dringend reformiert werden, dies dürfe aber nicht zu Ängsten vor einer oppressiven Regierung führen, sagte das Staatsoberhaupt am Montag bei einer überraschend einberufenen Pressekonferenz in Warschau. „Die Änderungen müssen so erfolgen, dass Gesellschaft und Staat nicht gespalten werden“, sagte er.

Polens Präsident Andrzej Duda.
Polens Präsident Andrzej Duda. © REUTERS | KACPER PEMPEL

Der Präsident, selbst promovierter Jurist, fügte hinzu, binnen zwei Monaten sollten Entwürfe für die Reform des Obersten Gerichts und des über die Unabhängigkeit der Justiz wachenden Landesrichterrats (KRS) vorgelegt werden.

Gesetzen fehlte zum Inkrafttreten nur Unterschrift des Präsidenten

Damit hielt Duda die beiden Reformen der mit absoluter Mehrheit regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) auf, denen zum Inkrafttreten nur noch die Unterschrift des Präsidenten fehlte. Dazu hatten ihn neben hochrangigen Justizvertretern im In- und Ausland auch

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aufgefordert. Sie sahen die Gewaltenteilung in dem Land bedroht.

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    Die neuen Gesetze müssten der Bevölkerung Sicherheit geben und verfassungskonform sein, sagte Duda. Experten hatten bei den PiS-Reformen Verfassungsbedenken geltend gemacht und vor einem zu großen Einfluss der Regierenden auf Richter und Gerichte gewarnt.

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    Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, reagierte zurückhaltend auf das Veto des polnischen Präsidenten. Dieser Schritt sei ein „Etappensieg“, aber „kein Grund zur Entwarnung“, sagte Weber unserer Redaktion.

    Die Änderungen an den Justizgesetzen dürften nicht nur kosmetischer Natur sein. „Sie müssen das Prinzip der Unabhängigkeit der Justiz umfänglich gewährleisten“, forderte Weber. „Es ist zu früh, den Druck von der polnischen Regierung zu nehmen.“

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    Die umstrittenen Gesetze sollten es der Regierung ermöglichen, Richter des Obersten Gerichts in den Ruhestand zu schicken und ihre Posten neu zu besetzen. Die Richterposten in dem Landesrichterrat (KRS) sollten ebenfalls neu besetzt werden.

    Kritiker fürchteten, dass ein befangenes Oberstes Gericht sogar Wahlen für ungültig erklären könnte. Mühelos hatten die Reformen das Parlament passiert, in dem die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski mit absoluter Mehrheit regiert. (dpa)