Washington. Das Treffen von Donald Trump Jr. mit einer Kreml-nahen Anwältin ist dilettantisch, unverfroren und ein echtes Problem für seinen Vater.

Abstreiten. Die Medien in den Senkel stellen. Ablenkungsmanöver starten, um die lästigen Schlagzeilen zu verdrängen: Seit einer gefühlten Ewigkeit verfährt die Regierung von US-Präsident Donald Trump (und vorher dessen Wahlkampfteam) nun schon nach diesem Strickmuster, wenn in der wie eine Dauergewitterwolke über Washington hängenden Russland-Affäre neue Puzzleteile auf den Tisch kommen. Die amerikanische Öffentlichkeit hat sich beinahe daran gewöhnt. Zuletzt waren sogar Abstumpfungseffekte zu beobachten. Perdu.

Der Erstgeborene des mächtigsten Mannes der Welt, Donald Trump Jr., ist auf die Bühne getreten. Und plötzlich regiert im Weißen Haus die nackte Angst. Von einem „Hurrikan der Kategorie 5“ schwadronieren Präsidenten-Berater, seit bekannt geworden ist, dass der leidenschaftliche Großwildjäger nicht nur sich, sondern möglicherweise auch seinem Vater politisch einen Beinahe-Blattschuss verpasst hat.

Treffen mit Kreml-naher Anwältin

Aus ausführlicher digitaler Post von Trump jr. geht unzweifelhaft hervor, dass die Wahlkampfkampagne des New Yorker Milliardärs bereit und willens war, russische Schützenhilfe anzunehmen, um die demokratische Rivalin Hillary Clinton sturmreif zu schießen. Man traf sich im Juni 2016 in New York in konspirativer Weise mit einer Kreml-nahen Anwältin. Und zwar mit der schillernd genau dokumentierten Erwartungshaltung, dass von ihr kompromittierendes Material russischer Geheimdienste („Kompromat“) gegen Clinton ausgehändigt wird.

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Dass sich die „Beute“ am Ende offenbar als ungenießbar erwies, tut wenig zur Sache. Allein der Versuch, mit Hilfe von Erzfeind Russland einen Positionsgewinn im Wahlkampf zu erlangen, stellt eine politische Schmutzigkeit ersten Ranges dar.

Ob Trump Jr. dabei auch eine Straftat begangen hat (und mit ihm die Augen- und Ohrenzeugen Jared Kushner, Schwiegersohn Trumps, und Paul Manafort, Ex-Wahlkampf-Manager) wird der Prüfung von Sonder-Ermittler Robert Mueller vorbehalten sein. Der ehemalige FBI-Chef darf sich durch die mit Hilfe von Trump-feindlichen Insidern im Weißen Haus an die New York Times durchgestochenen Informationen jedenfalls bestätigt fühlen, dass sein Untersuchungsauftrag keine Luftnummer ist - sondern bitter nötig.

Trump hatte Zusammenarbeit stets verleugnet

Durch die Verwicklung seines ältesten Sohnes, der eine zentrale, zuweilen vorlaute Stimme im Wahlkampf war, ist die Russland-Affäre hautnah an den Präsidenten der Vereinigten Staaten herangerückt. Trumps stete Beteuerungen, es habe keine Kungelei und keine Zusammenarbeit mit russischen Stellen gegeben, seine ständigen Vorwürfe gegen die „Lügenpresse“, die ihm (angestachelt von Demokraten) immer noch den Wahlsieg neide, fallen in sich zusammen.

Trumps eigen Fleisch und Blut war nachweisbar bereit, eine feindliche ausländische Macht zu Lasten der Gegenkandidatin des Vaters in den US-Wahlkampf eingreifen zu lassen. Die Väter der amerikanischen Verfassung würden sich im Grabe umdrehen. Ihrer Gesinnung nach hätte Trump Junior mit der vergifteten Offerte aus Russland auf direktem Weg zum FBI gehen müssen. Und nirgendwo anders hin.

Dilettantisch und unverfroren

Für Trump Senior ist das ebenso dilettantische wie unverfrorene Gebaren seines Zöglings wie eine Zeitbombe. Wenn sich herausstellen sollte, dass der Sohn den Vater über das Angebot aus Moskau und den mageren Ertrag unterrichtet hat (alles andere spräche gegen den Charakter der Beteiligten), wäre Donald Trump seiner bisher größten Lüge überführt und auf Dauer seines Amtes wohl nicht mehr sicher.