Der Senat soll sich auf Bundesebene für ein generelles Alkoholverbot für Autofahrer einsetzen. Grund ist Alkohol als Unfallursache.

Hamburg. Michael Neumann hat eine schlichte Grundregel: "Wer fährt, trinkt nicht. Und wer trinkt, fährt nicht." So hält es der SPD-Politiker persönlich - was ihm nicht schwer fällt, da er Alkohol nichts abgewinnen kann. Auch als Hamburger Innensenator machte Neumann nie einen Hehl daraus, dass er ein Befürworter der Null-Promille-Grenze ist. "Auch legale Drogen wie Alkohol", pflegt er zu sagen, "sollten für Autofahrer tabu sein."

Waren dies bislang nur politische Meinungsäußerungen, rückt nun der Moment näher, in dem Neumann offiziell tätig werden darf und muss. Denn die SPD-Fraktion will in der kommenden Woche in der Bürgerschaft einen Antrag beschließen, der den Senat auffordert, sich auf Bundesebene für ein generelles Alkoholverbot für Autofahrer einzusetzen. Begründet wird das mit der "Unfallursache Alkohol".

+++ Hamburger SPD fordert 0,0-Promille-Grenze +++

So war 2011 in Hamburg die Zahl der alkoholbedingten Unfälle von 756 auf 834 gestiegen. In knapp einem Drittel der Fälle wurden dabei Menschen verletzt - insgesamt 360. Im Durchschnitt gibt es nur bei 11,7 Prozent der Unfälle Verletzte zu beklagen. "Drogen sind am Steuer ja auch verboten", sagte SPD-Verkehrsexpertin Martina Koeppen, die den Antrag eingebracht hat. "Warum soll das nicht auch für Alkohol gelten?", fragt sie und verweist auf die guten Erfahrungen mit dem Alkoholverbot für Fahranfänger bis 21 Jahre, das 2007 eingeführt wurde. "Das war ein Schritt in die richtige Richtung."

Dass der Vorstoß sehr schnell verpuffen könnte, falls die anderen Bundesländer nicht mitziehen, ist Koeppen durchaus bewusst. "Aber es geht auch darum, eine Diskussion anzustoßen. Und wer weiß: Vielleicht findet sich ja eine Mehrheit im Bundesrat." Prominente Fürsprecher gibt es durchaus. So hat sich auch der frühere Bundesverkehrsminister und heutige Präsident der Deutschen Verkehrswacht, Kurt Bodewig (SPD), für eine Null-Promille-Grenze ausgesprochen.

Der ADAC kann dem Vorstoß hingegen nichts abgewinnen. "Alkohol und Autofahren passen zwar nicht zusammen", sagte Matthias Schmitting, Sprecher des ADAC Hansa, dem Abendblatt. "Aber schon heute wird nur jede 600. Alkoholfahrt entdeckt. Eine Null-Promille-Grenze bringt nur etwas, wenn dann auch stärker kontrolliert wird." Das koste jedoch Geld. Und vor solchen Ausgaben scheue die Politik oft zurück. Der SPD-Antrag beinhaltet allerdings auch die Forderung, "Fehlverhalten im Straßenverkehr konsequent zu kontrollieren".

Die eigentliche Gefahr für den Straßenverkehr sind nach Ansicht des ADAC ohnehin nicht diejenigen, die sich nach dem Genuss eines Bieres ans Steuer setzen, sondern die Fahrer mit mehr als 1,0 Promille im Blut. Und die Verkehrsunfallstatistik 2011 sei als Beleg für den Vorstoß ungeeignet, da die Zahlen vor allem deswegen gestiegen seien, weil sie 2010 aufgrund von Sondereffekten extrem niedrig ausgefallen seien. Langfristig betrachtet gingen alle Zahlen nach unten: die der Unfälle, der Verletzten und der Getöteten. So ist die Zahl der Verkehrsunfälle in Hamburg seit 1990 von damals mehr als 14 500 im Jahr auf 9220 im Jahr 2010 gesunken, bevor sie 2011 wieder bei 9821 lag.

+++ Null Promille geht zu weit +++

Der SPD-Antrag nimmt auch ein weiteres Lieblingsthema des Innensenators auf: regelmäßige Gesundheitschecks für Autofahrer. Wer künftig seinen Führerschein erneuert, soll mindestens einen Sehtest absolvieren. Auch dafür ist eine Änderung von Bundesgesetzen nötig, und der Senat wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen. Dieser Vorstoß ist angelehnt an die von 2013 an geltenden Richtlinien für den EU-Führerschein. Demnach ist der ehemalige "Lappen", der heute eine Plastikkarte ist, nur noch 15 Jahre gültig und muss dann erneuert werden. Diese Gelegenheit will die SPD nutzen, um regelmäßige Tests einzuführen.

"Die EU erlaubt explizit, die Erneuerung der Führerscheine an Bedingungen zu koppeln wie den Nachweis der körperlichen und geistigen Tauglichkeit", sagt Martina Koeppen. Etliche EU-Staaten hätten das bereits umgesetzt. "Auch Deutschland sollte sich angesichts der Unfallzahlen hierzu entschließen." Während Koeppen auf den überdurchschnittlich hohen Anteil von Senioren unter den Unfallverursachern hinweist - in Hamburg sind sie für 61,6 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden verantwortlich -, betont der Innensenator, ausdrücklich nicht nur an Senioren zu denken: "Regelmäßige Gesundheitschecks sollte es unabhängig vom Alter geben", sagte Neumann dem Abendblatt. Grundsätzlich gelte aber: "Ein Auto muss alle zwei Jahre zum TÜV. Dann ist es nicht zu viel verlangt, wenn auch der Fahrer alle 15 Jahre seine Fahrtauglichkeit überprüfen lässt."

Auch diesen Vorstoß sieht der ADAC mit Skepsis. Ein Großteil der älteren Unfallverursacher seien Fußgänger oder Radfahrer - die erreiche man mit den Sehtests aber gar nicht. Im Übrigen setzt der ADAC auch in diesem Punkt auf Überzeugungsarbeit und Freiwilligkeit: Verantwortungsvolle Verkehrsteilnehmer ließen sich ohnehin regelmäßig durchchecken, die müsse man nicht per Gesetz dazu zwingen, so ADAC-Sprecher Schmitting.