Verfassungsschutz beobachtet Ladenlokal am Krummholzberg und ein weiteres Gotteshaus in Harburg – beide sind Anlaufstellen für Salafisten

Harburg. Eine Spielhalle, das Büro einer Tanzschule, eine Bankfiliale. Der Krummholzberg zwischen Harburger Rathaus und Bahnhof Harburg ist keine Schönheit. Typisches Kleingewerbe und mittendrin eine Moschee. „Schiki Miki“ ist der Name eines Friseursalons in Hausnummer 13. Der Moscheeverein Islamischer Verein El-Iman hat das Ladenlokal nebenan gemietet, darüber sind Wohnungen.

Mit einer klassischen Moschee, wie der „Blauen Moschee“ an der Alster, mit Minaretten und schönen Verzierungen, hat die Masjid-El-Iman-Moschee am Krummholzberg nichts gemein. Und wäre da nicht das kleine Schild über dem Eingang, man würde glatt vorbeigehen. In die Schlagzeilen ist das Gotteshaus trotz der grauen Außenfassade geraten: Sie ist eine von zwei Moscheen, die das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz in Harburg unter Beobachtung hat.

Das unscheinbare Gotteshaus gilt als einer der Anlaufpunkte für radikale Islamisten in Hamburg, seit die Taiba-Moschee am Steindamm in St.Georg vor vier Jahren geschlossen wurde. Sogenannte Salafisten, Anhänger einer Strömung des Islam, die eine besonders strenge Auslegung des Koran durchsetzen will und den Heiligen Krieg befürwortet, sollen hier am Krummholzberg bereits gepredigt haben. Vermutet wird, dass sie in den Hinterzimmern am Krummholzberg auch Überzeugungsarbeit leistet. Mit dem Ziel, sich dem mörderischen Treiben in Syrien sowie im Irak im Namen der Religion anzuschließen.

Die andere Moschee, auf die die Verfassungshüter bereits ein Auge geworfen haben, ist nur gut einen Kilometer entfernt. An der Anzengruberstraße im Harburger Stadtteil Wilstorf haben ebenfalls Salafisten die Taqwa-Moschee eingerichtet, die als Nachfolger der berüchtigten Al-Kuds-Moschee (später Taiba-Moschee) vom Steindamm gilt, in der die Terrorpiloten vom 11. September 2001 beteten und auch radikalisiert wurden. Beide Harburger Moscheen sind wie Inseln, salafistische Inseln. Mit dem Stadtteil verbindet kaum einen der Gotteshaus-Besucher etwas. Viele stammen aus anderen Ecken Hamburgs, sogar aus dem Umland.

Nachbarn können wenig über die Masjid-El-Iman-Moschee sagen. Kontakte zu den Gläubigen, die die Räume in dem betagten zweigeschossigen Gewerbebau aufsuchen, gibt es nicht. „Was nervt, ist die wilde Parkerei“, sagt ein Anwohner. Auch würden nach dem Gebet die Besucher geballt aus der Moschee strömen und oftmals stumpf auf die Straße laufen, was immer wieder zu brenzligen Situationen führe. „Diese Leute fallen nur durch ihr Aussehen auf“, sagt Brigitte R., 44, eine Nachbarin der Moschee. „Man macht sich natürlich so seine Gedanken“, sagt die Frau. „Viele kennen ja die Vorgeschichte mit der Moschee am Steindamm und wissen, was das für Leute sind. Man möchte mit ihnen nichts zu tun haben. Gerade hier in Harburg hat man ja eine ganz böse Vorgeschichte.“ Mohammed Atta und einige seiner Komplizen hatten vor den Terroranschlägen in Harburg an der Marienstraße gewohnt und an der Technischen Universität (TU) Hamburg-Harburg studiert. Harburg war auch das Zuhause von Mounir al-Motassadeq, der wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zu Mord in 246 Fällen schuldig gesprochen wurde. Die Sicherheitsbehörden fürchten erneut, dass Hamburg Ausgangspunkt von Anschlägen werden könnte. Mindestens 40 Hamburger sind in den vergangenen Wochen bereits in die Kriegsgebiete im Nahen Osten gereist, sagt Verfassungsschutzchef Torsten Voß. Mehr als ein Dutzend sollen wieder zurück in Deutschland sein. Die, die dort gekämpft haben, könnten hierzulande Attentate planen. Viele der Ausgereisten sind Konvertiten, die zum Islam übergetreten sind.

„Wir stellen fest, dass sich manche religiös motivierte Extremisten viel schneller radikalisieren als früher. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Internet. Was früher Wochen, Monate und Jahre dauerte, geht heute viel schneller“, sagte Voß kürzlich dem Abendblatt. Angesichts der aktuellen Entwicklung kann die Terrorzelle um Mohammed Atta noch als übersichtlich beschrieben werden. Heute erfahren die Behörden von einem radikalen Kämpfer aus Hamburg oft erst, wenn der bereits wieder zurück ist und dies noch auf Facebook postet.

Aber es läuft nicht nur über das Internet. Die Harburger Moscheen und die sogenannten Dawa-Stände, an denen Korane verteilt werden, sind wichtige Anlaufstellen für alle angehenden Jihadisten, weshalb der Verfassungsschutz dort auch genau hinguckt: Die Taqwa-Moschee besuchten etwa auch drei junge Hamburger, über die das Magazin „Der Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet: Im August zog einer aus dem Trio in den Heiligen Krieg. Die übrigen wurden im letzten Moment von Angehörigen aufgehalten. Ohne die Hilfe aus der Anzengruberstraße hätten sie ihre Reise nicht planen können.

Zum Freitagsgebet steht die Tür am Krummholzberg offen. Wer will, kann bis in den Gebetssaal blicken, in dem ein Ventilator die Luft umwälzt. Das ist auch nötig. Mit einem Neubau auf dem Nachbargrundstück wurden Fenster, die offenbar nicht den Vorschriften entsprachen, zugemauert. Seitdem ist in der Moschee „dicke Luft“.

Noch vor zwei Jahren bot sich hier ein anderes Bild: Eine tunesische Geschäftsfrau hatte in dem Gebäudekomplex das Firdaus Center, übersetzt das „Paradies Center“ eröffnet. Für eine Miete von 6,78 Euro pro Quadratmeter sollten sich hier ausschließlich muslimische Geschäftsleute ansiedeln, für eine ausschließlich muslimische Kundschaft. Der Plan scheiterte. Ebenso wie der Mumin-Shop, den die Dame zeitgleich betrieb: einen Internetversand für korrekte islamische Kleidung, darunter Extremverschleierung. Als Mumin bezeichnen sich die „wirklich Gläubigen“, die sich damit gegenüber Muslimen abgrenzen, die formal zum Islam gehören. Im Internet ist der Webshop mittlerweile nicht mehr zu finden.