Schwerin/Berlin (dpa/mv). Mit seinem Vorstoß für eine kräftige Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns hat Kanzler Scholz eine heftige Debatte ausgelöst. Die Reaktion aus der Wirtschaft in MV scheint eindeutig.

Der Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro hat bei weiten Teilen der Unternehmerschaft in Mecklenburg-Vorpommern Unverständnis und Empörung ausgelöst. „Die Politik hat sich hier nicht einzumischen. Zuständig ist weder der Kanzler, noch sind es Minister oder Parteien, sondern eine Mindestlohnkommission“, heißt es in einer am Mittwoch verbreiteten Mitteilung des Unternehmerverbandes Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin. Unter dem Deckmantel, Wohltaten für den Bürger zu leisten, wolle sich der Staat Mehreinnahmen und Wähler verschaffen, gefährde damit aber die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland.

In der Erklärung verweist der Unternehmerverband zudem auf konkrete Probleme, die sich aus einem „politisch festgesetzten willkürlichen Mindestlohn“ für Firmen ergeben können. „So wird berichtet, dass die Ausbildungsabbrüche zunehmen, weil es zum einen ja durchaus schwer sein kann, die Prüfungen zu bestehen und weil zum anderen mittlerweile auch ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung, über den Mindestlohn, ein gutes Auskommen zu haben ist“, heißt es. Der Trend, die Ausbildung hinzuwerfen und ungelernt zu jobben, nehme zu.

Außerdem löse jede Erhöhung auf unterster Stufe auch bei Fachkräften die Erwartung von Lohnerhöhungen aus, da „die Leistungsunterschiede oft eben auch groß“ seien. In vielen kleinen Unternehmen seien Lohnsprünge meist aber nicht leistbar, die Konkurrenz durch gut bezahlte Jobs im öffentlichen Dienst nehme immer mehr zu.

Der agrarpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Diener, kritisierte, die Forderungen von Scholz hätten jegliches Maß verloren und führten zur Vernichtung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum. „Mindestlohn, Arbeitszeitgesetz oder Einschränkungen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln schränken die Anbauer dermaßen ein, dass Ihre Unternehmen gegenüber Mitbewerbern aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder dem Ausland nicht mehr wettbewerbsfähig sind“, warnte Diener.

Nach Worten des wirtschaftspolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Wolfgang Waldmüller, brechen die Sozialdemokraten mit der politischen Vorgabe eines Mindestlohns von 15 Euro erneut ein Versprechen, das SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles 2015 bei der Einführung des Mindestlohns gegeben habe: „Damals wurde festgelegt, dass eine unabhängige Kommission über künftige Anpassungen der Lohnuntergrenze entscheidet, um „Willkür und Populismus“ zu verhindern.“

Scholz hatte sich dafür ausgesprochen, den Mindestlohn zunächst auf 14 Euro und dann auf 15 Euro zu erhöhen. Die Lohnuntergrenze liegt seit Anfang 2024 bei 12,41 Euro, für Anfang 2025 ist gemäß der Festlegung der Mindestlohnkommission von Arbeitgebern und Gewerkschaften eine weitere Anhebung um 41 Cent geplant. In der jüngeren Vergangenheit häufen sich aus den Reihen von SPD, Grünen und Gewerkschaften aber Forderungen nach einem Mindestlohn von 15 Euro. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wies dies aber zurück.

Laut Statistischem Landesamt lag der Durchschnittslohn im vergangenen Jahr in Mecklenburg-Vorpommern bei 35 646 Euro brutto und erreichte so etwa 84 Prozent des deutschen Durchschnitts. Der Nordosten lag im Bundesländer-Vergleich damit weiterhin auf dem letzten Platz. Als wesentliche Gründe für das niedrige Lohnniveau gelten das Fehlen gut bezahlter Industriearbeitsplätze und die vergleichsweise geringe Tarifbindung der Firmen.