Neumünster (dpa/lno). Vor der Halbzeit von Schwarz-Grün ziehen Schleswig-Holsteins Grüne Zwischenbilanz. Kritik gibt es vor allem an Berliner Kompromissen.

Wichtige Erfolge, aber auch üble Kompromisse - Schleswig-Holsteins Grüne haben auf einem Landesparteitag eine überwiegend positive Zwischenbilanz ihrer Regierungsbeteiligung auf Landesebene und im Bund gezogen. Es gab aber auch kritische Stimmen. Sozialministerin Aminata Touré betonte jedoch, „es ist nicht leicht in dieser Zeit, - und gerade als Grüner - Politik zu machen“.

Für die Landesvorsitzende Anke Erdmann geht es angesichts schwieriger Zeiten nicht um „Wünsch-Dir-was-Koalitionen“. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) habe das bereits verstanden, der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz habe dafür länger gebracht. Kompromisse klängen nicht immer sexy, sondern teils eher wie Spargelcreme -Suppe aus der Tüte. Ihre Partei habe jedoch einen verdammt langen Atem.

„Wir prägen einfach die politische Agenda“, sagte Erdmann. Die Grünen wollten etwas ändern und seien deshalb für Nazis, Rechtspopulisten oder die Gaslobby eine echte Bedrohung. Zudem bringe das Draufhämmern Klickzahlen. Bei der Europawahl 2019 war die Partei mit 29,1 Prozent erstmals auf Platz eins in Schleswig-Holstein gelandet. „Die Latte liegt hoch. Vor fünf Jahren hatten wir richtig Rückenwind“, sagte Erdmann.

Ex-Landtagfraktionschef Karl-Martin Hentschel verwies auf eine „schizophrene Situation“, wonach die Grünen derzeit zwar so viele Mitglieder wie nie zuvor hätten, die Zahl ihrer Wähler sich jedoch halbiere. „Wir brauchen eine Klimapolitik, die gerecht ist.“ Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass diese sich nur Reiche leisten könnten.

Kritisch mit Blick auf die Ampel-Politik äußerte sich Katharina Krewitz von der Grünen Jugend. Sie sprach von ungerechten Asylrechtsverschärfungen wie der Bezahlkarte. „Regierungsfähig sein heißt nicht, sich dem Einheitsbrei von SPD und CDU anzuschließen.“ Grüne müssten für Gerechtigkeit, Menschenrechte und Demokratie eintreten. Antrieb einer Regierungsbeteiligung dürfe nicht Angst sein, dass andere es schlechter machten. Luca Brunsch aus Kiel sprach mit Blick auf das Klimaschutzgesetz auf Bundesebene von einer Entkernung. „Wir müssen einen Haufen ziemlich übler Kompromisse gerade treffen.“

Mit Kritik an der schwarz-grünen Landesregierung hielt sich die Parteibasis zurück. „Das Bündnis funktioniert. Es war die richtige Entscheidung“, sagte Finanzministerin Monika Heinold. Notwendig sei eine Regierung, die nicht - wie die Ampel-Koalition auf Bundesebene streite, sondern das Land nach vorn bringe.

Für die Landtagsabgeordnete Silke Backsen gibt es in den Regierungen Licht und Schatten: Erfolge, aber auch knallharte Kompromisse. „Wir müssen die Ökosysteme schützen und dass in einen viel engeren Fokus nehmen.“ Planbeschleunigt müssten Flächen für den Naturschutz ausgewiesen werden. „Es wird keinen wirksamen Klimaschutz geben ohne Naturschutz.“

Umweltminister Tobias Goldschmidt sprach von harten Verhandlungen mit guten Kompromissen der schwarz-grünen Koalition im Land und bemühte einen Fußballvergleich. Die CDU stehe teils mit elf Mann auf der Torlinie. Touré kündigte an, im Juni eine Integrationsstrategie vorzustellen. „Wir wollen den Menschen von Tag eins eine Perspektive geben.“ Die Kita-Reform habe extrem viel Gutes auf den Weg gebracht, es fehlten jedoch noch 120 Millionen Euro. „Wir haben als Land deutlich gemacht, dass wir uns an diesen Kosten beteiligen werden.“ Die Koalition wolle nicht im Kitabereich sparen.

Der Ex-Landesvorsitzende Steffen Regis erinnerte an das Umfragehoch vor einigen Jahren: „Als wir bei 25 Prozent standen und dachten, wir werden Kanzlerin.“ Manchmal mache es sich seine Partei schwerer als nötig.

Am Sonntag erwarten die Grünen neben dem Präsidenten des Bauernverbandes, Klaus Peter Lucht, und Kirsten Wosnitza von der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft auch Parteichefin Ricarda Lang.